Faktencheck: Wie nachhaltig ist das „papierlose Büro“?
Das Ideal des papierlosen Büros scheint eine einfache Gleichung für mehr Nachhaltigkeit zu sein: weniger Bäume fällen, weniger Tinte verbrauchen, weniger Müll produzieren. Die Vorstellung vom rein digitalen Arbeitsplatz verspricht Ordnung, Effizienz und Klimaschutz in einem. Doch ist es wirklich so einfach? Jede E-Mail, jeder Download und jede KI-Anfrage verbraucht Energie. Da stellt sich die Frage: Vermeiden wir mit dem papierlosen Büro Umweltbelastungen oder verlagern wir sie nur vom Papierstapel auf die Serverfarm?
Papier: Ressourcenfresser mit langer Geschichte
Die Umweltbelastung von Papier ist gut dokumentiert. Schon die Herstellung ist ressourcenintensiv: Wälder werden abgeholzt, große Mengen Wasser und Energie sind nötig, Chemikalien wie Bleichmittel belasten Böden und Gewässer.
Ein Standard-Büropapier hat ein Gewicht von 80g/m². Ein einzelnes Blatt Papier verursacht ungefähr 5g CO2. Rechnet man mit einem typischen Büroverbrauch von 10.000 Seiten pro Jahr (rund 40 Seiten pro Arbeitstag), entstehen 50 Kilogramm CO₂. Damit ist klar: Wer viel Papier im Büro nutzt, hinterlässt einen erheblichen Fußabdruck.
Was bringt Recyclingpapier?
Recyclingpapier ist deutlich umweltfreundlicher als herkömmliches Frischfaserpapier, da bei seiner Herstellung weniger Holz, Wasser und Energie verbraucht werden. Es verbraucht knapp 15 Prozent weniger CO₂. Außerdem werden schädliche Chemikalien in Gewässern reduziert. Produkte mit dem Blauen Engel garantieren, dass die Fasern zu 100 % aus Altpapier stammen. Recyclingpapier eignet sich für Drucker, Kopierer oder Hygienepapiere und kann fast überall eingesetzt werden. Durch konsequente Trennung und Entsorgung wird Altpapier wiederverwertet und schont so natürliche Ressourcen.
Digital: Unsichtbar, aber nicht emissionsfrei
Digitalisierung scheint im ersten Moment die schnelle Lösung. Kein Papier. Kein Druck. Keine Ordner. Keine Umweltverschmutzung? Ganz so einfach ist es nicht. Auch digitale Prozesse sind nicht klimaneutral. Rechenzentren verbrauchen gewaltige Mengen Strom, nicht nur für die Berechnung selbst, sondern auch für die Kühlung.
Der durchschnittliche digitale CO2-Fußabdruck einer E-Mail liegt bei etwa 0,3 Gramm. Mit großem Anhang steigt der Wert auf bis zu 50 Gramm. Wer es lieber persönlich mag, verursacht mit einer Videokonferenz durchschnittlich 183g CO₂/Stunde pro Endgerät.
Wasserverbrauch in der IT
Nicht nur Strom, auch Wasser spielt eine Rolle in der Digitalbilanz. Viele Rechenzentren setzen auf Wasserkühlung, um ihre Server vor Überhitzung zu schützen. Dabei werden teils Millionen Liter pro Jahr verbraucht. In Regionen mit knappen Ressourcen kann das zu erheblichen Problemen führen.
Große Cloud-Anbieter in den USA und Europa stehen immer wieder in der Kritik, weil ihre Rechenzentren lokale Wasserknappheit verschärfen.
„Ich frag mal die KI“
Besonders spannend wird das Thema „Digitalisierung und Nachhaltigkeit“ durch den Boom von Künstlicher Intelligenz. Sie kann den digitalen Fußabdruck deutlich erhöhen. Während klassische Bürosoftware wenig Energie benötigt, verschlingen KI-Modelle gigantische Datenmengen.
Während eine Google-Suche im Schnitt nur rund 0,3 Wattstunden benötigt, liegt der Stromverbrauch einer Chatbot-Abfrage bei etwa 2,9 Wattstunden, also fast zehnmal so hoch. Die Gefahr liegt weniger in der einzelnen Anfrage, sondern in der Menge. Wenn KI inflationär für triviale Aufgaben eingesetzt wird, summiert sich der Energiebedarf schnell.
Cloud-Migration: Nachhaltigkeit durch Effizienz
Die Verlagerung von Daten und Anwendungen in die Cloud gilt als einer der wirksamsten Hebel, um den ökologischen Fußabdruck der Unternehmens-IT zu senken. Studien zeigen, dass Cloud-Rechenzentren bis zu viermal energieeffizienter arbeiten als firmeneigene Server und den CO₂-Ausstoß damit um bis zu 99 Prozent reduzieren können. Gründe dafür sind Skaleneffekte, modernste Kühlsysteme, eine bessere Auslastung der Hardware sowie der wachsende Einsatz erneuerbarer Energien.
Während der KI-Boom den Energiebedarf der Branche insgesamt steigen lässt, eröffnet die Cloud die Möglichkeit, diesen Anstieg abzufedern und Emissionen langfristig deutlich zu verringern.
Bleibt der Mensch auf der Strecke?
Papierlos bedeutet: mehr digitale Abläufe, mehr Bildschirmzeit, mehr virtuelle Meetings. Für manche Menschen ist das eine Entlastung. Andere leiden jedoch unter digitaler Überlastung, Konzentrationsproblemen oder Augenbeschwerden. Auch die Produktivität kann leiden, wenn digitale Ablenkungen zunehmen. Nachhaltigkeit im Büro umfasst deshalb nicht nur ökologische, sondern auch soziale und gesundheitliche Faktoren: Ein Arbeitsplatz ist dann nachhaltig, wenn er auch langfristig für den Menschen gesund bleibt.
Barrierefreiheit: Digital kann inklusiver sein
Ein Vorteil des digitalen Arbeitens wird oft übersehen: Barrierefreiheit. Während Papierdokumente für Menschen mit Sehbehinderung schwer zugänglich sind, können digitale Dokumente mit Screenreadern vorgelesen oder in Braille-Ausgabe umgewandelt werden. Das papierlose Büro bietet also die Chance, Arbeitsplätze inklusiver und gerechter zu gestalten, allerdings nur, wenn die Dokumente entsprechend aufbereitet werden.
Hierfür ist am 28. Juni 2025 das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft getreten. Es verpflichtet Unternehmen, ihre digitalen Produkte und Dienstleistungen wie Websites, Apps oder Online-Shops barrierefrei zu gestalten.
Papierlos in die Zukunft
Durch die Reduzierung des Druckerbestands um 89 Prozent setzt die NEW auf digitale Arbeitsprozesse.
Digitalisierung bei der NEW
Die NEW-Gruppe hat im Programm „Smart organisiert“ rund 400 Prozesse digitalisiert und automatisiert. Viele Abläufe wie Urlaubsanträge oder Zeiterfassung laufen nun über die Mitarbeiter-App „M’App“, mit monatlich etwa 130.000 digitalen Transaktionen. Der Druckerbestand wurde massiv reduziert, Papierverbrauch und Emissionen sinken deutlich. Gleichzeitig wurde die IT-Infrastruktur modernisiert, Cloud-Dienste und standardisierte Arbeitsplätze ermöglichen mobiles Arbeiten standortübergreifend.
Rechtliche Grenzen
Ganz papierlos lässt sich ein Büro oft gar nicht gestalten. In vielen Bereichen gibt es gesetzliche Vorschriften zur Aufbewahrung von Originaldokumenten. Verträge, notarielle Urkunden oder bestimmte Steuerunterlagen müssen oft in Papierform archiviert werden. Unternehmen bewegen sich hier in einem Spannungsfeld: Einerseits wollen sie digitalisieren, andererseits bleiben sie rechtlich zur Papierablage verpflichtet. Nachhaltigkeit erfordert deshalb auch eine kluge Kombination von digitaler Verwaltung und unvermeidbarem Papierarchiv.
Das papierlose Büro: Ein Verlagerungsproblem?
Wir sehen, dass auch digitale Arbeitsprozesse nicht völlig emissionsfrei sind. Das papierlose Büro verschiebt die Umweltbelastung teilweise: vom sichtbaren Papierstapel auf die unsichtbare Serverfarm, vom Druckerraum auf die Netzinfrastruktur und von Druckertinte auf Hochleistungs-Chips mit energieintensiver Kühlung. Dennoch bietet die digitale Transformation erhebliche Chancen: Durch effiziente Cloud-Lösungen, moderne Rechenzentren, optimierte Software und den gezielten Einsatz von KI können Unternehmen deutlich Energie sparen und ihren CO₂-Fußabdruck reduzieren. Wichtig ist ein bewusstes Vorgehen: Wer digitale Ressourcen schlank und nachhaltig nutzt, kann die Vorteile der Digitalisierung für die Umwelt voll ausschöpfen, statt lediglich die Belastung zu verlagern.
Wege zu echter Nachhaltigkeit
Damit das papierlose Büro tatsächlich ein Gewinn für die Umwelt ist, müssen Unternehmen und Beschäftigte einige Dinge beachten:
Papier nur im Ausnahmefall nutzen, dann bevorzugt Recyclingpapier und doppelseitiger Druck.
Digitale Prozesse schlank halten, keine übergroßen Anhänge, keine unnötigen Cloud-Backups, konsequentes Löschen von Datenmüll.
Videokonferenzen effizient gestalten, nicht jede Abstimmung braucht ein Meeting in HD-Qualität.
Rechenzentren mit Ökostrom bevorzugen, Anbieterwahl kann hier einen großen Unterschied machen.
KI bewusst einsetzen, sie sollte Mehrwert schaffen, nicht zur Spielerei werden.
Für uns beginnt Nachhaltigkeit dort, wo Worte zu Taten werden. Verantwortung für Umwelt, Menschen und unsere Region bedeutet für uns, Entscheidungen bewusst zu treffen und ihre Wirkung messbar zu machen. In unserem Nachhaltigkeitsbericht gemäß der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) zeigen wir als NEW AG transparent, wie wir diesen Anspruch leben und welche Fortschritte wir machen.



