Freiwillig ins Ausland: Auch für Menschen mitten im Berufsleben
Warum Menschen später aufbrechen
Viele verbinden Freiwilligendienste mit jungen Menschen, die die Zeit zwischen Schule und Berufsausbildung oder Studium überbrücken wollen. Doch immer mehr Menschen entscheiden sich auch später bewusst für eine Auszeit. Die Motivation ist vielfältig: Manche suchen nach einem Jobwechsel neue Orientierung. Andere nutzen ein Sabbatical, um sich persönlich weiterzuentwickeln. Viele wollen einfach raus aus dem Alltagstrott.
Die gute Nachricht: Die Erfahrung und das Know-how, das Ältere mitbringen, ist oft sehr gefragt. Ob Handwerk, IT, Pflege oder Projektmanagement: Berufserfahrung zählt. Das erkennen auch viele Einsatzstellen weltweit.
Welche Programme sich eignen
Nicht alle Freiwilligenprogramme stehen auch älteren Erwachsenen offen. Doch es gibt passende Angebote. Wichtig ist: Klarheit über die eigenen Ziele, den Zeitrahmen und die Finanzierung zu haben.
Weltwärts bis 35 Jahre
Das Programm weltwärts des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit richtet sich zwar in erster Linie an junge Erwachsene zwischen 18 und 28 Jahren, doch auch Menschen bis 35 Jahre können unter bestimmten Voraussetzungen mitmachen. Hier geht es vor allem um Partnerschaft auf Augenhöhe und gemeinsame Projektarbeit.
Rauskommen mit dem „Weltdienst 30+“
Der Weltdienst 30+ des Senior Experten Service (SES) öffnet Erwachsenen im Berufsleben die Tür zu einem freiwilligen Auslandsdienst – und das sogar kostenfrei. Wer mindestens acht Jahre Berufserfahrung mitbringt und eine Freistellung sowie Sozialversicherung nachweisen kann, erhält die Chance auf ein sechswöchiges Engagement in einem Entwicklungsland. Der SES übernimmt Vorbereitung, Flug, Unterkunft und sogar ein kleines Taschengeld. Fachkräfte aus Handwerk, Pflege, Verwaltung oder Management teilen ihr Wissen dort, wo es gebraucht wird. Ingenieur:innen, Pädagog:innen oder IT-Expert:innen begleiten langfristige Projekte, unterstützen vor Ort und profitieren selbst.
Internationale Freiwilligendienste für Erwachsene
Internationale Organisationen wie Volunteers for Peace oder Experiment e.V. bieten Programme auch für Menschen über 30 Jahre. Die Einsätze dauern zwischen zwei Wochen und einem Jahr. Der Fokus liegt auf Austausch, Engagement und dem gemeinsamen Lernen. Grundsätzlich müssen Menschen ab 30+ wahrscheinlich etwas mehr Organisationsarbeit leisten, um den Freiwilligeneinsatz möglich zu machen. Für alle, die Lust darauf haben, sollte das jedoch kein Hindernis sein.
Fachkräfte-Programme
Wem ein kurzer Einsatz nicht reicht, kann längerfristig als Fachkraft ins Ausland gehen. Die Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe (AGEH), heute Teil von AGIAMONDO, vermittelt berufserfahrene Fachleute in langfristige Projekte der Entwicklungszusammenarbeit.
Wege zur Freistellung
Viele zögern, weil sie denken: „Ich kann meinen Job nicht einfach aufgeben.“ Doch es gibt viele Wege, Beruf und Auslandseinsatz zu verbinden.
Sabbatical nutzen
Ein Sabbatical ermöglicht eine berufliche Auszeit von mehreren Monaten. Manche Unternehmen bieten das explizit an. Andere ermöglichen es durch individuelle Vereinbarungen.
Ein gängiges Modell: Vor dem Sabbatical reduziert man die Arbeitszeit und spart so Zeit oder Gehalt an. In der Freistellungsphase wird diese angesparte Zeit aufgebraucht. Wichtig ist: frühzeitig mit dem Arbeitgeber sprechen und die Rahmenbedingungen klären.
In Brückenteilzeit gehen
Seit 2019 gibt es die gesetzliche Brückenteilzeit. Wer in einem größeren Unternehmen arbeitet und mindestens sechs Monate dort beschäftigt ist, kann für ein bis fünf Jahre in Teilzeit gehen. Danach besteht ein Anspruch auf Rückkehr zur alten Stundenzahl. Das schafft Raum für ein Teilzeit-Engagement im Ausland.
Unbezahlten Urlaub nehmen
Manche entscheiden sich für unbezahlten Sonderurlaub. Dieser muss individuell mit dem Arbeitgeber vereinbart werden. Vorteil: Der Arbeitsplatz bleibt erhalten. Nachteil: Während der Freistellung gibt es kein Einkommen.
Vor dem Start: Vorbereitung ist alles
Ein freiwilliger Auslandseinsatz ist keine spontane Aktion. Wer gut vorbereitet startet, profitiert am meisten:
Die passende Organisation finden
Zentrale Fragen, die man sich ganz am Anfang stellen sollte:
Welches Thema interessiert mich?
Wie lange soll der Einsatz dauern?
Welche Region kommt in Frage?
Wie kann ich das mit meinem Job vereinbaren?
Viele Organisationen beraten individuell. Auch Webseiten, die unterschiedliche Optionen übersichtlich darstellen, helfen, das passende Programm zu finden.
Gesundheit und Versicherung
Vor dem Einsatz steht meist ein Gesundheitscheck an. Viele Länder verlangen auch bestimmte Impfungen bei der Einreise. Auch Auslandskranken- und Unfallversicherung sind Pflicht. Manche Programme helfen bei der Organisation, wer den Freiwilligeneinsatz selbst koordiniert, muss sich jedoch wahrscheinlich selbst darum kümmern.
Vor Ort klarkommen: Sprache und Kultur
Englischkenntnisse helfen fast überall weiter. Wer in französisch-, spanisch- oder portugiesischsprachige Regionen reist, sollte Grundkenntnisse mitbringen oder vorbereitend Kurse besuchen. Viele Träger bieten Einführungsseminare an, doch auch hier gilt, dass es deutlich weniger Angebote für Menschen über 30 Jahre gibt. Auch über kulturelle Unterschiede, Erwartungen und die Sicherheit vor Ort sollte man sich frühzeitig informieren, um nicht mit falschen Erwartungen anzureisen.
Finanzierungsmöglichkeiten
Für manche Programme gibt es Stipendien oder Zuschüsse. Bei anderen müssen Teilnehmende selbst zahlen. Wer ein Sabbatical nimmt, verfügt über ein eingeschränktes Einkommen. Daher lohnt es sich, frühzeitig einen Finanzplan zu erstellen. Auch Spendenaktionen oder Crowdfunding sind eine Möglichkeit, um sich den Traum vom Freiwilligeneinsatz im Ausland verwirklichen zu können.
Chancen und Herausforderungen
Ein freiwilliger Auslandseinsatz kann neue Perspektiven eröffnen. Viele erleben eine intensive Zeit, in der sie Neues über sich selbst und andere Lebensweisen kennenlernen. Neue Freundschaften, Sprachkenntnisse und ein erweitertes Weltbild gehören dazu.
Doch es gibt auch Herausforderungen: kulturelle Missverständnisse, Heimweh, einfache Lebensverhältnisse oder Konflikte im Projekt. Wer sich offen darauf einlässt und Unterstützung annimmt, wird ganz sicher daran wachsen.
Eine Auszeit mit Sinn ist auch mit 30+, 50+ oder mitten im Berufsleben möglich. Wer bereit ist, sich einzubringen, findet passende Programme und Wege zur Umsetzung und gewinnt an bereichernden Erfahrungen für sich selbst und andere.



