Stadt Viersen und NEW starten mit der Bohrkopftaufe den Rohrvortrieb für den Tiefensammler

21.11.2019 –

Im Mischwassernetz Alt-Viersen besteht kein ausreichendes Rückhaltevolumen. Aus diesem Grund hat die Stadt Viersen beschlossen Rückhaltevolumen zu schaffen und die NEW mit der technischen Umsetzung beauftragt.

©NEW AG

Der Bau mehrerer Regenrückhaltebecken ist aufgrund der vorhandenen Bebauung mitten in der Stadt nicht möglich. Das Problem wird gelöst, indem über eine Strecke von 2,5 Kilometern unterirdisch ein Regenrückhaltekanal - der sogenannten Tiefensammler - gebaut wird. Dieser Kanal wird mit Hilfe des sogenannten Rohrvortriebsverfahrens erstellt.

Im Tiefensammler wird das Wasser wie in einer unterirdischen „Tiefgarage“ gespeichert. Der neue Kanal fasst nach Fertigstellung ein Volumen von 17.500 Kubikmeter Wasser, das entspricht der Füllmenge von acht olympischen Schwimmbecken. Die Baumaßnahme erstreckt sich entlang der Freiheitsstraße von der Kreuzung Willy-Brandt-Ring/Vogteistraße bis zur Einmündung der Ernst-Moritz-Arndt-Straße.

Die Arbeiten haben im Januar mit der Einrichtung der Baustelle am Postgarten begonnen. Am Knotenpunkt Freiheitsstraße/Josefsring und Brüsseler Allee wurde die erste Baugrube (TS11) hergestellt und provisorisch verschlossen. An der zweiten Baugrube (TS4) im Kurvenbereich der Freiheitsstraße und dem Sebastianusweg startet in wenigen Tagen der erste Vortrieb. Die gesamten Arbeiten dauern voraussichtlich bis Juli 2022 und gliedern sich in insgesamt drei Bauabschnitte. Die Freiheitsstraße bleibt während der Bauarbeiten durchgängig einspurig in jede Richtung befahrbar.

Wie funktioniert der Rohrvortrieb

Der Rohrvortrieb, mit dem der Kanal hergestellt wird, ist ein bergmännisches Bauverfahren. Der unterirdische Rohrvortrieb ist ein sehr umweltschonendes und ressourcenschonendes Bauverfahren. Zu den Vorteilen zählen wetterunabhängiges Arbeiten, keine Grundwasserabsenkung, wenig Platzbedarf und minimaler Eingriff in den Baugrund. Zusammengefasst bietet der Rohrvortrieb die geringstmögliche Beeinträchtigung von Anwohnern, Verkehr und Umwelt. Der Kanal entsteht in einer Tiefe von rund 13 Metern. Die Kanalrohre haben einen Innendurchmesser von drei Metern. Mit der feierlichen Bohrkopftaufe erfolgt der Startschuss für die erste Vortriebsstrecke auf einer Länge von 740 Metern. Der erste Vortrieb erfolgt von TS4 nach R1 (siehe Grafik) zum Endschacht an der Kreuzung Freiheitsstraße und Willy-Brandt-Ring.

Insgesamt werden drei Strecken im Vortriebsverfahren hergestellt, die dann den unterirdischen Kanal bilden. Beim Rohrvortrieb werden Stahlbetonrohre mit einer Baulänge bis zu 3,50 Metern verwendet. Die Vollschnittmaschine baut den Boden ab und über die Förderpumpen wird das Boden/Bentonitsuspensions-Gemisch zur Separieranlage gefördert. Die Separieranlage trennt die Bestandteile und die Bentonitsuspension wird dem Kreislauf wieder zugeführt. Um die Reibungskräfte zwischen dem Boden und den Rohren zu minimieren, wird ebenfalls die Bentonitsuspension beim Pressen der Rohre eingesetzt.

Bevor die Vortriebsmaschine ihre Arbeit aufnehmen kann mussten die Baugruben erstellt werden. Dies geschieht durch ein 26 Meter hohes und 120 Tonnen schweres Drehbohrgerät, dass die Bohrpfahlwände herstellen. Die Bohrpfahlwände bestehen aus einzelnen – kreisrunden – Betonsäulen, die abwechselnd mit und ohne Stahl versehen sind. Die Bohrpfähle haben einen Durchmesser von 0,90 Meter. Mit dem Einsatz eines zweiten Drehbohrgerätes werden in diesem Jahr sieben der insgesamt acht Bohrpfahlbaugruben fertiggestellt. Mit Abschluss der letzten Baugrube in der Kölnische Straße (R17) sind dann 490 Bohrpfähle mit einer Gesamtlänge von 9.713 Metern hergestellt. Die benötigte Betonmenge beträgt 6.179 Kubikmeter – dies entspricht dem Inhalt von rund 1.020 Mischfahrzeugen.

In der Pressgrube TS4 im Kurvenbereich der Freiheitsstraße und dem Sebastianusweg reichen 76 Pfähle bis zu 23,5 Meter in die Tiefe. Nach der Herstellung der Baugrube gießt ein Taucher unter Wasser die Bodenplatte, die die Baugrube gegen anstehendes Grundwasser abdichtet. In der Baugrube wurden insgesamt 130 Kubikmeter Unterwasser-Beton vom Taucher verarbeitet.

Höchste Fachkompetenz durch Sonntag Baugesellschaft

Bei dem europaweiten Vergabeverfahren hat die Sonntag Baugesellschaft den Zuschlag zum Bau des Sammlers erhalten. Die Firma Sonntag gehört in Deutschland zu den Pionieren im Bereich Rohrvortrieb. Die Firma setzt die Technik der unterirdischen Verlegung von Kanalrohren seit 1986 ein und arbeitet mit der Erfahrung von über 500 Projekten in Deutschland und Europa.

Wie funktioniert der Tiefensammler?

Mit dem neuen Tiefensammler wird das gesamte Viersener Kanalnetz entlastet. In den Bereichen Bendstraße, Goetersstraße, Bahnhofstraße, Große Bruchstraße und Josefsring werden sogenannte Überfallbauwerke erstellt, die das vorhandene Kanalnetz an den Tiefensammler anschließen. Bei stärkeren Regenereignissen wird das Regenwasser in den Tiefensammler geleitet und dort zwischengespeichert.

Nach Ende des Regenereignisses wird das zwischengespeicherte Mischwasser aus dem Tiefensammler mittels Pumpen wieder auf das Niveau des weiterführenden Netzes gepumpt. Von dort fließt das Mischwasser im Freispiegelgefälle in Richtung Pumpwerk „Rahser Bruch“ zum Niersverband.

Sämtliche Informationen zu den einzelnen Bauabschnitten, den Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs und den Umleitungen gibt es auf der Internetseite www.tiefensammler-viersen.de.