VEREINSLEBEN " HEIMATVEREIN WEGBERG-BEECK
VON HOCHZEITSHAUBE
BIS TOTENKOPF-DIRNDL
DER HEIMATVEREIN WEGBERG-BEECK B ETREIBT EUROPAS GRÖSSTES VOLKSTRACHTENMUSEUM.
S TATT V ERSTAUBTER GESCHICHTE ERWARTET DI E B ESUCHER E INE FÜHRUNG
MIT V IEL W ITZ, CHARME UND A LLERLEI KURIOSITÄTEN.
Gregor Laufenberg hat ein Faible für
schrille Mode. „Es kann gar nicht auffällig
genug sein“, sagt der 67-Jährige
mit dem ergrauten Lockenkopf. 42 Jah -
re lang arbeitete der Kaufmann beim
Mönchengladbacher Hosenhersteller
Gardeur, die Kollegen aus der Design-
Abteilung bescheinigten ihm ein Auge
für Trends. Mit der Rente kam ein neues
„textiles Hobby“. „Mein Nachbar
war schon lange Mitglied im Heimatverein
und fragte mich, ob ich nicht
Führungen im Trachtenmuseum machen
wolle“, erzählt Laufenberg. Er
lehnte vehement ab. Viel zu „uncool“
waren ihm die Trachten. Wenig später
fand er doch Gefallen daran. Heute
verbringt er jede freie Minute im Museum
und hat es durch ein neues Konzept
geschafft, die Besucherzahlen innerhalb
eines Jahres um 70 Prozent zu
steigern.
Wissen vermitteln durch Humor
Zusammen mit zwei Kolleginnen aus
dem Heimatverein warf Laufenberg
das bisherige Konzept des Museums
komplett über den Haufen. Anstatt die
Besucher mit einem Infoblatt bewaffnet
auf einen selbstständigen Rundgang
durch das Haus zu schicken,
bietet er eine Führung mit vielen Erklärungen
an. Die haben vor allem ein
Ziel: den Besucher zum Lachen zu
bringen. „Ich bin überzeugt davon,
dass so viel mehr Wissen hängen
bleibt“, sagt Laufenberg. Besonders
gerne bedient er sich gängigen
Sprichwörtern. „Unter die Haube kommen“
zum Beispiel. Das heißt so, weil
Frauen noch bis etwa Anfang des
20. Jahrhunderts nach der Hochzeit
18
ihre Haare mit einer Haube bedeckten.
Die sollte vor allem vor bösen Geistern
schützen, die es angeblich besonders
auf Verheiratete abgesehen hatten
und über die Haare in den Körper gelangten.
Weil die Haare nach damaliger
Ansicht als Sitz der menschlichen
Seele galten, war es in manchen
Haushalten üblich, nach dem Tod eines
Familienmitglieds aufwendig verzierte
Kränze aus den Haaren des Verstorbenen
herzustellen und sie in
einem Bilderrahmen an die Wand zu
hängen. Wer sich die Kränze von
Gregor Laufenberg zeigen lässt, kann
kaum glauben, dass es sich wirklich
um Haare handelt. Dass die anderthalb
Stunden Führung wirklich schon
um sind, übrigens auch nicht.
75 Trachten und jede Menge Trachtenschmuck
aus ganz Europa bekommen
die Besucher in dieser Zeit zu sehen.
Sonntags serviert Laufenberg seinen
Besuchern anschließend noch Kaffee
und selbst gebackenen Kuchen.
Moderne Mode im alten Museum
Im Winter ist das kleine Museum in
dem schönen, historischen Haus am
Kirchplatz geschlossen. Für Gregor
Laufenberg und die Damen des Trachtenmuseums
gibt es allerdings nur eine
kurze Verschnaufpause um Weihnachten
herum. Danach geht es an die
Vorbereitung für die kommende Ausstellung.
„Wir haben jedes Jahr eine
Sonderausstellung, im kommenden
Jahr zeigen wir Schürzen. Außerdem
wollen wir 2020 auch einige Trachten
aus der Dauerausstellung austauschen“,
sagt er. Das ist ihm wichtig,
damit es für die Besucher nie langweilig
wird. „Wir würden gerne mehr junge
Leute anlocken“, sagt Laufenberg.
Deshalb wurde eine Kooperation mit
dem Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik
der Hochschule Niederrhein
in Mönchengladbach ins Leben
gerufen. Die Studenten können anhand
der Trachten viel über Materialien und
deren Verarbeitung lernen. Im vergangenen
Jahr haben die Studenten in einem
Projekt moderne Trachtenklei dung
entworfen und die Ergebnisse bei einer
Modenschau im Museum präsentiert.
„Die Sachen waren so tragbar, einfach
Wahnsinn“, schwärmt Laufenberg. Über
die Tragbarkeit des Dirndls mit Totenkopf
Design von Promi-Millionärsgattin
und TV-Sternchen Carmen Geiss, das
Gregor Laufenberg eine Zeit lang ausgestellt
hatte, lässt sich allerdings
streiten. Mit dem eigenwilligen Stück
wollte der Museumsführer ganz bewusst
provozieren. „Die jungen Leute
fanden es jedenfalls ‚voll geil‘“, sagt
Gregor Laufenberg lachend.
INFO
Ein Besuch des Museums ist von März
bis Dezember jeden Sonntag zwischen
14 und 17 Uhr möglich. Wer wochentags
eine Führung bekommen möchte,
vielleicht auch mit Niederrheinischer
Kaffeetafel, sollte vorher unter 0152
3780 5636 anrufen und einen Termin
vereinbaren. Die Adresse lautet:
Kirchplatz 7, 41844 Wegberg. Das
Museum findet man im Internet unter
www.heimatverein-beeck.de
/www.heimatverein-beeck.de