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EINFACH ERKLÄRT " ENERGIEWELT DER ZUKUNFT DAS KRAFTWERK IM COMPUTER WENN VALERIE HERES GROSS IST, SOLL E S FAST NUR NOCH STROM AUS WIND UND S ONNE GEBEN. DAS IST GUT FÜR DI E UMWELT. DE SHALB W ILL DI E Z EHNJÄHRIGE GENAU WISSEN, WAS DIESES NEUE KRAFTWERK DAMIT Z U TUN HAT, DAS IHR VATER MICHAEL B EI DE R ARBEIT T ESTET. VIRTUELL SOLL E S SEIN, DAS W EISS S IE S CHON. Virtuell, ein komisches Wort. Gehört hat Valerie schon davon. Schließlich ist sie letztens in der Schule mit so einer Virtual-Reality-Brille in eine Unterwasserwelt abgetaucht. „Das war witzig und hat Spaß gemacht, da herumzuschwimmen.“ Und bei diesem virtuellen Kraftwerk ist das auch so? Valerie sieht ihren Papa fragend an. „Nicht ganz“, antwortet der. Michael Heres, Ingenieur und Fachleiter „Dezentrale Erzeugung und Energiemanagement“, leitet für die NEW Netz das Projekt „Quirinus“, so heißt das virtuelle Kraftwerk. „Das existiert zwar auch bloß im Computer, wie diese Unterwasserwelt oder deine Computerspiele mit den Pferden. Aber man kann es nicht durch die Virtual-Reality-Brille wie einen Raum betreten.“ Valerie setzt eine enttäuschte Miene auf. „Weil man dann an vielen weit verstreuten Orten gleichzeitig sein müsste“, versucht es ihr Vater weiter, „an dem Windpark, den man von unserem Haus sehen kann, an der Photovoltaikanlage des Nachbarn und an all den anderen Anlagen zwischen Aachen und Grevenbroich, die Strom mit Wind, Sonne oder Biomasse erzeugen.“ 12.000 solche Kraftwerke stehen allein auf dem Gebiet der NEW Netz. „Und unsere beiden Partner bei Quirinus haben fast ebenso viele“, erklärt Michael. „Nicht schlecht“, staunt Valerie. Die Zusammenschalter Trotzdem hat das virtuelle Kraftwerk einen festen Ort: das Technologieforum in Elsdorf bei Köln. Dort sitzen Menschen in einem Büro mit Computern vor großen Monitoren. „Da ist das virtuelle Kraftwerk drin“, sagt Michael geheimnisvoll. „Hmm“, Valerie blickt ihren Vater fragend an. Auf einer Gra- k zeigt Michael ihr, wie ein virtuelles Kraftwerk funktioniert: Verschiedene runde Symbole stehen für die Windparks, Photovoltaikanlagen, Biomasse und Blockheizkraftwerke. Sie bilden einen Halbkreis über einem großen Monitor in der Mitte, mit dem sie durch Pfeile verbunden sind. „Der Monitor steht für das Kontrollzentrum in Elsdorf. Hier werden all die kleinen Erneuerbare-Energien-Anlagen mit ihren Strommengen, die sie erzeugen, zu einem großen Kraftwerkspool zusammengeschaltet.“ Deswegen bekommen die Anlagen von uns alle Sensoren und Kommunikationstechnik verpasst. Unter dem Monitor sieht Valerie weitereSymbolefürEinfamilienhäuser und Fabriken.„Und die bekommen dann den Strom.“ Zukunft ohne Kohle „Aber unsere Nachbarn machen doch schon lange Strom auf ihrem Dach – auch ohne virtuelles Kraftwerk?“ Valerie weiß noch nicht recht, was sie davon halten soll. „Stimmt, das wird aber in den kommenden Jahrzehnten so nicht mehr funktionieren“, antwortet der Papa. „Und wieso?“ „Weil wir dann fast unseren gesamten Strom aus Sonne und Windenergie erzeugen – und die müssen dann genauso verlässlich arbeiten wie die großen Braunkohlekraftwerke“, erklärt ihr Vater. Die gibt es dann nämlich nicht mehr. „Cool, die verschmutzen ja doch bloß die Umwelt“, freut sich die Zehnjährige. Noch werden die Großkraftwerke hier aber gebraucht, schiebt Michael hinterher. Wenn Sonne und Wind zu wenig Strom produzieren, weil es bewölkt oder windstill ist, sorgen sie für Ausgleich und erzeugen mehr Energie. Diese Aufgabe müssen in Zukunft die weit verstreuten kleinen Erzeugungsanlagen selbst übernehmen – und zwar alle zusammen. „Das Kontrollzentrum in Elsdorf guckt dann, wie viel Strom produzieren sie und wie viel Energie brauchen die Betriebe – oder wir zu Hause fürs Kochen, für Beleuchtung oder zum Laden unseres zukünftigen Elektroautos“, sagt Michael schmunzelnd. Die Datensammler Wie das Zusammenschalten am besten funktioniert, testet Valeries Papa jetzt mit vielen Kollegen am Niederrhein in dem Projekt Quirinus. „Wir sammeln erst mal sehr viele Daten, natürlich auch die vom Wetter, analysieren sie, machen Berechnungen und stimmen dann das Stromangebot und den -bedarf aufeinander ab“, erklärt er. Damit immer genug Energie da ist und das Stromnetz stabil bleibt. „Und was ist, wenn dann die Sonne mal tagelang nicht scheint und auch der Wind nicht weht?“, fragt Valerie besorgt. „Zum virtuellen Kraftwerk gehören auch Biomassekraftwerke und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Beide produzieren umweltschonend und verlässlich Strom – ganz unabhängig von Wind und Sonne“, erklärt Michael. Valerie ist beeindruckt: „Nur noch Strom aus Sonne, Wind oder Biomasse – wie cool!“ Und dass ihr Papa daran arbeitet, macht sie sogar ein wenig stolz. 22 Das Quirinus-Projekt wird gefördert durch:


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